Es gibt viele Uhren, die sich „Einsatzuhren“ nennen. Eine der wenigen, die sich tatsächlich im täglichen Einsatz beweist, ist der S.A.R. Rescue Timer, den die Nautische Instrumente Mühle Glashütte (Mühle) zusammen mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) entwickelt hat. Ihre Robustheit und Zuverlässigkeit beweist diese Uhr seit nunmehr 10 Jahren. Aus diesem Anlass trafen sich am 14.-16. September 2012 auf Einladung von Mühle Vertreter der DGzRS, die Fachpresse und andere geladene Gäste in Warnemünde um Rückblick zu halten, Einblicke in die Arbeit der DGzRS zu bekommen, und den S.A.R. Anniversary Timer vorzustellen.
Der S.A.R. Rescue Timer
Ankunft in Warnemünde
Ort der Veranstaltung ist das bekannte Hotel Neptun in Warnemünde.
So ticken die Seenotretter – Die Arbeit der DGzRS
Jörg Westphal führt die Gäste in die Arbeit der Seenotretter ein. Die DGzRS wurde 1865 in Kiel gegründet. Sie ist eine rein private Gesellschaft die sich nur rein durch Spenden und freiwillige Mitgliedsbeiträge finanziert. Für ihren Betrieb benötigt sie jährlich ca. 30. Mio. € an Spenden.
Heute hat die Gesellschaft 185 festangestellte Seenotretter und 800 freiwillige Rettungsmänner und -frauen. Sie betreibt 54 Stationen an der deutschen Nord- und Ostseeküste und hat 60 Seenotkreuzer und Seenotrettungsboote im Betrieb.
Das Motto der Seenotretter ist „Wir fahren raus, wenn andere reinkommen!“. Dabei geschieht dies immer auf freiwilliger Basis, keinem der festangestellten oder freiwilligen Retter kann ein Einsatz befohlen werden, sie entscheiden sich jedes Mal wieder freiwillig dazu, ihr eigenes Leben aufs Spiel zusetzen, um anderen, die in Not geraten sind, zu helfen.
Aus diesem Grund sieht es die DGzRS als eine ihrer Hauptaufgaben, den Einsatzkräften das beste Material zur Verfügung zu stellen. So gelten die Schiffe der Seenotretter als äußerst schwerwettertauglich. Alle Schiffe und Boote sind als Selbstaufrichter konstruiert. Selbst wenn sie kentern richten sie sich anschließend selbst wieder auf. Dies wurde Juni 2008 in einem eindrucksvollen Test sogar mit einem Seenotrettungskreuzer vor dessen Indienststellung in der Werft ausprobiert. Herr Westphal zeigte einen Film über diese Eskimo-Rolle.
Die Seenotretter der DGzRS sind vor allem bei Rauher See im Einsatz. Während die Rettungskreuzer höchst seetauglich sind wurden viele private Armbanduhren bei Einsätzen beschädigt. Im März 2001 nahm Mühle Kontakt mit den Seenotrettern auf und schlug die Entwicklung einer Uhr vor, die den Einsatzbedingungen gewachsen ist.
Die Entwicklung des S.A.R. Rescue Timer
Hans-Jürgen Mühle erzählt von von der Entwicklung des S.A.R. Rescue-Timers. Der erste Vorschlag von Mühle war ein robuster Zeitmesser mit GMT-Funktion. Da man aber bei der Küstenseefahrt auf die Anzeige einer zweiten Zeitzone verzichten kann, wünschten die Seenotretter eine Reduzierung auf das Nötigste.
Die Einsatzuhr sollte vor allem zuverlässig und in jeder Situation gut ablesbar sein, Druck bis 100-bar und Stöße aushalten und Gehäuse sowie Band sollten möglichst keine Ecken und Kanten haben an denen man hängen bleiben kann.
Das Ergebnis der Überlegungen ist das abgerundete Gehäuse des S.A.R. Resche-Timers mit der Krone bei 4 Uhr. Das Kautschuk Band hat eine Sollbruchstelle, so dass es ab einer definierten Zugkraft abreißt. Denn im Zweifelsfall ist die Hand des Seenotretters wichtiger als seine Uhr.
Bei der weichen Kautschuklünette hat man auf ein bewährtes Designelement der Rettungsboote zurückgegriffen.
Eine besondere Herausforderung war auch das Glas der Uhr. Um dem Wasserdruck und den Stößen Stand zu halten setzt man ein 4 mm dickes Saphirglas ein. Eine aufgesetzte Datumslupe kam nicht in Frage, da diese bei den Beanspruchungen im Einsatz sicher leicht beschädigt worden wäre. Man hat sich also dazu entschieden, die Lupe innen ins Glas einzuschleifen. Dazu stellte man eigene Berechnungen an, da das Datum auch aus schrägen Blickwinkeln gut ablesbar sein sollte. Als der Hersteller die ersten Muster des Glases lieferte verzerrte die Lupe jedoch am Rand sehr stark. Auf Mühles Nachfrage, ob die Lupe auch nach den vorgegeben Berechnungen umsetzt wurde sagte der Glashersteller man habe das nach eigenen Erfahrungswerten gemacht. Mühle bestand darauf, dass die Lupe genau nach seinen Spezifikationen umgesetzt wurde und tatsächlich hatte sie dann auch die gewünschten Eigenschaften.
Am 15. Februar 2002 wurden von Hans-Jürgen Mühle in Warnemünde die ersten Rescue-Timer an Vormänner der DGzRS überreicht. Im Herbst 2002 waren dann alle 56 Vormänner damit ausgerüstet und die Erprobung der gemeinsam entwickelten Uhr unter Realbedingungen begann.
Jeder der Vormänner füllte nach einem halben Jahr und dann nochmals nach einem Jahr einen Bewertungsbogen für seine Uhr aus. Die Bögen wurden dann bei Mühle ausgewertet. Das Gehäuse mit den 4 mm Saphirglas schnitten hervorragend ab. Die harten Bedingungen an Bord der Seenotrettungskreuzer zeigten aber auch Schwachpunkte am Band und der Faltschließe auf. Diese wurden daraufhin nochmals überarbeitet.
Der S.A.R. Rescue-Timer im Einsatz
Rainer Kulack, seit 1970 Seenotretter und Vormann des in Kühlungsborn stationierten Rettungsbootes Konrad-Otto berichtet über seine Erfahrungen mit dem S.A.R. Rettungstimers, den er im Sommer 2002 erhalten hatte.
Eine gut ablesbare Armbanduhr wird bei den Seenotrettern als Zeitgeber bei Einsätzen benötigt. Um bei Nacht die Sicht aufs Meer zu verbessern werden Instrumente und Beleuchtung auf dem Rettungsboot abgedunkelt. Dank der guten Nachtablesbarkeit dient der S.A.R. Rescue Timer dann als Zeitgeber, z.B. um Uhrzeiten für Einsatzberichte zu erfassen.
Kulack berichtet davon, wie die Uhr Stöße und auch Kälteschocks problemlos überstand. So hatte sich zum Beispiel auf einer Überführungsfahrt im Winter 2009/10 ein Fischernetz im Propeller verfangen, so dass die Konrad-Otto manövrierunfähig war. Rainer Kulack stieg im Überlebensanzug ins eisige Wassser, um den Propeller freizuschneiden. Den Temperatursturz um 24 Grad überastand der Resuce-Timer ohne die Funktion oder die Wasserdichtigkeit zu beeinträchtigen.
Er schätzt an der Uhr auch den Automatikaufzug, denn Batterien seien immer dann leer wenn man es am wenigsten brauchen kann.
Ein „gerockter“ S.A.R Rescue-Timer nach 10 Jahren im Einsatz bei einem Seenotretter.
Mit den Seenotrettern unterwegs
Am Samstag machten wir uns mit dem in Warnemünde stationierten Seenotrettungskreuzer ARKONA auf den Weg nach Kühlungsborn. Um uns einen Eindruck davon zu geben, wie rauf es auf so einem Schiff zugehen kann, hatten die Organisatoren Windstärke 6-7 bestellt.
Der Vormann der ARKONA begrüßt uns auf seinem Seenotrettungskreuzer
Der Kommandostand
Caspar, Das Beiboot mit Kautschuklünette.
Alles im Griff
Blick zurück nach Warnemünde
Jetzt ist es nicht mehr einfach, die Kamera gerade zu halten.
An Deck bläst der Wind.
Da Bilder die Gewalten der See nur schlecht wiedergeben können hier zwei kurze Videos die ich während der Fahrt an Bord aufgenommen habe:
Fahrt mit der ARKONA bei Windstärke 6 Teil 1
Fahrt mit der ARKONA bei Windstärke 6 Teil 2
In Kühlungsborn erwartet uns die KONRAD-OTTO
Wieder festen Boden unter den Füssen.
Thilo Mühle übergibt der DGzRS Station Kühlungsborn einen Defribillator als Spende.
Keine Zeit zum Ausruhen. Kaum hat uns die ARKONA in Kühlungsborn abgesetzt muss sie schon wieder auslaufen um einem Segler, der in Seenot geraten ist, zu Hilfe zu kommen.
Wir hingegen machen uns auf den Weg ins Restaurant Vielmeer in Kühlungsborn zur Präsentation des S.A.R. Anniversary-Timer.
Nautische Instrumente Mühle Glashütte S.A.R. Anniversary Timer
Thilo Mühle präsentiert den S.A.R. Anniversary Timer. Die Jubiläumsuhr ist eine moderne Interpretation der Rettungsuhr die sozusagen in einen neuen SAR-Overall gesteckt wurde. Das typische Rot der Seenotretter wurde zum Gestaltungsleitfaden. Sie hat einen Durchmesser von 44 mm und eine Höhe von 12,2 mm. Das Edelstahlgehäuse ist bis 100 atm druckfest und in einer silberfarbenen und einer schwarzen DLC beschichteten Version verfügbar. Das bombierte Saphirglas ist 2,5 mm dick und innen entspiegelt. Die schwarz-rote Keramiklünette gibt der Uhr einen edlen Auftritt und durch den Saphirglasboden kann man das von Mühle veredelte SW 200-1 Werk sehen. Den sportlichen Charakter der Uhr unterstreicht das Kautschukband mit Sicherheitsfaltschließe. Die Limitierung beträgt 250 Stück je Variante.
Der Anniversary-Timer im Vergleich zum Rescue-Timer
Der Anniversary Timer wird in einer edlen Holzbox geliefert. Diese erinnert an die Boxen, in denen Marinechronometer untergebracht sind.
Neben der Vorstellung des S.A.R. Anniversary-Timers gab Thilo Mühle einen Ausblick auf weitere Projekte von Einsatzuhren an denen Mühle derzeit arbeitet. So arbeitet man z.B. derzeit an einer Einsatzuhr für die Marineschutzkräfte die dann auch eine zweite Zeitzone haben soll da diese auch im Ausland im Einsatz sind.
Vor der Rückfahrt nach Warnemünde gibt es noch eine kleine Stärkung.
Der Ritt mit dem RIB
Da die ARKONA schon wieder im Einsatz war benutzen wir wir den Rückweg nach Warnemünde RIBs (Rigid Inflatable Boats). Diese Schlauchboote habe einen festen Rumpf und erreichen Spitzengeschwindigkeiten von 55 Knoten (ca. 100 km/h) auf dem Wasser (nicht auf dem Anhänger hinter dem Audi 🙂 ). Diese Boote werden z.B. auch in der Nordsee für Zubringerdienste zu Windparks und Bohrinseln verwendet. Außerdem sind sie bei Seenotrettern oder den US Navy Seals im Einsatz.
Bevor es in die Boote geht werden wir wind- und wasserfest eingekleidet.
Wir sind bereit !
Ab in die Boote
Und Loooos !
Hier noch zwei Videos, die einen Eindruck von der Fahrt mit dem RIB wiedergeben:
Der Ritt mit dem RIB auf der Ostsee
RIB-Racing beim Mühle-Glashütte S.A.R.-Event
Der Tag danach
Am Sonntagmorgen hatte ich mit Thilo Mühle um 8:30 zum Schwimmen in der Ostsee verabredet. Und ja, trotz einer Wassertemperatur von ca. 16 Grad haben wir es uns nicht nehmen lassen uns vor dem Frühstück am Warnemünder Strand in die kalten Fluten der Ostsee zu stürzen, hier der Beweis:
Impressionen aus Warnemünde
Hier noch ein paar Bilder als Werbung für das deutsche Ostseeband Warnemünde.
Vielen Dank an die Firma Mühle für die Einladung und die vielen tollen Eindrücke !
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